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Steuern / Einkommensteuer 
Donnerstag, 10.07.2025

Rückforderung von Kindergeld bei Erwerbstätigkeit und Studium

Das Finanzgericht Düsseldorf entschied, dass die Änderung eines Bescheides nach § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben darstellt, wenn der Behörde die nachträglich bekannt gewordene Tatsache bei ordnungsgemäßer Erfüllung ihrer Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wäre (Az. 15 K 1957/23 Kg).

Im Streitfall beantragte die Klägerin im August 2018 für ihren volljährigen Sohn Kindergeld, nachdem dieser nach seiner Ausbildung zum Kaufmann für Büromanagement ein Studium begonnen hatte. Zudem gab die Klägerin an, dass ihr Sohn eine Erwerbstätigkeit mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden ausübe. Später informierte sie die Familienkasse darüber, dass sich die wöchentliche Arbeitszeit des Kindes seit dem 01.10.2018 auf 23,1 Stunden pro Woche erhöht habe. Im Februar 2021 übersandte die Klägerin eine Immatrikulationsbescheinigung der Hochschule vom 18.01.2021, wonach ihr Sohn dort seit dem 01.09.2018 für ein Studium Business Administration (Teilzeit) eingeschrieben sei. Sie gab auch an, dass sich die Erwerbstätigkeit seit März 2020 auf 24 Stunden pro Woche erhöht habe. Mit Bescheid vom 02.06.2022 wurde die Festsetzung des Kindergeldes ab Juli 2022 aufgehoben, weil das Kind die maßgebliche Altersgrenze von 25 Jahren erreicht habe. Auf Anfrage übersandte die Klägerin im Dezember 2022 eine Studienbescheinigung für das Wintersemester 2021/22. Die erst daraufhin vorgenommene Überprüfung der beklagten Familienkasse ergab, dass schon seit mehreren Jahren kein Anspruch auf Kindergeld mehr bestand, da der Sohn mehr als 20 Stunden pro Woche arbeitete. Daraufhin hob die Familienkasse rückwirkend die Kindergeldbewilligung auf und forderte rund 9.910 Euro zurück. Bei dem Studium handele es sich um eine berufliche Weiterbildung und den Aufstieg im bereits aufgenommenen Berufszweig. Es sei ein Teilzeitstudium und die Erwerbstätigkeit betrage mehr als 20 Stunden pro Woche. Die Voraussetzungen der Korrekturvorschrift des § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) seien erfüllt. Die tatsächlichen Verhältnisse hätten sich nach Ansicht der Familienkasse erst nach dem Zeitpunkt der letzten Festsetzung mit Bescheid vom 03.09.2018 geändert.

Das Finanzgericht Düsseldorf entschied zugunsten der Klägerin. Zwar habe für den Sohn aufgrund des Teilzeitstudiums und der parallelen Erwerbstätigkeit von über 20 Stunden wöchentlich kein Anspruch auf Kindergeld mehr bestanden. Dennoch durfte der ursprüngliche Kindergeldbescheid durch die Familienkasse nicht einfach rückwirkend aufgehoben werden. Nach Auffassung der Richter war die Familienkasse frühzeitig darüber informiert worden, dass der Sohn mehr als 20 Stunden pro Woche arbeitete. Zudem hätte die Familienkasse bei ordnungsgemäßer Prüfung erkennen können, dass es sich um ein Teilzeitstudium handelte. Da sie ihrer Pflicht zur Überprüfung nicht nachgekommen sei, dürfe die Familienkasse sich später nicht auf eine „Änderung der Verhältnisse“ berufen. Die Änderung eines Bescheides nach § 173 AO sei nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ausgeschlossen, wenn der Behörde die nachträglich bekannt gewordene Tatsache bei ordnungsgemäßer Erfüllung ihrer Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wäre.

Gegen diese Entscheidung läuft ein Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen III R 43/24 vor dem Bundesfinanzhof mit der Rechtsfrage:

„Gelten für die Beurteilung von Treu und Glauben bei der Anwendung der Korrekturnorm § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO in den Fällen, in denen der Ansatz für die Ermittlungspflicht erst nach Bescheiderteilung entstanden ist, andere Maßstäbe als bei Kindergeldrückforderungen nach § 70 Abs. 2 EStG?“

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