Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Anwendung von geschlechtsspezifischen Sterbetafeln bei der Bewertung lebenslänglicher Nutzungen und Leistungen für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht gegen das verfassungsrechtliche Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG verstößt (Az. II R 38/22, II R 41/22 und II R 42/22).
In den Streitfällen schlossen die Kläger mit ihrem Vater im Jahr 2014 notariell beurkundete Verträge zur vorweggenommenen Erbfolge, mit denen der Vater ihnen jeweils 23,33 % seiner Anteile an einer GmbH unentgeltlich übertrug. Der Vater behielt sich den lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch an den übertragenen Anteilen vor. Er verpflichtete sich, während der Dauer des Nießbrauchs alle mit den übertragenen Geschäftsanteilen verbundenen Lasten, insbesondere fällig werdende Einlagen und Nachschüsse, zu tragen. Bei der Festsetzung der Schenkungsteuer gegenüber den Klägern brachte das beklagte Finanzamt von dem Wert der Anteile den Kapitalwert des Nießbrauchsrechts des Vaters in Abzug, da der Nießbrauch die Bereicherung der Kläger und die Bemessungsgrundlage für die Schenkungsteuer minderte. Den Kapitalwert ermittelte es durch Multiplikation des Jahreswerts des Nießbrauchs mit dem sich aufgrund der voraussichtlichen Lebenserwartung des Vaters ergebenden Vervielfältiger. Die Vervielfältiger (gem. § 14 des Bewertungsgesetzes) sind anhand der aktuellen Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes zu ermitteln und werden vom Bundesministerium der Finanzen – getrennt nach Geschlecht für Männer und Frauen sowie nach vollendetem Lebensalter des Berechtigten – regelmäßig veröffentlicht.
Die Kläger machten geltend, dass die Ermittlung des Kapitalwerts lebenslänglicher Nutzungen und Leistungen anhand unterschiedlicher Vervielfältiger für Männer und Frauen gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 GG verstoße. Der Gesetzgeber sei im Rahmen des § 14 BewG nicht berechtigt, das Geschlecht bei der Anwendung der Sterbetafeln mit steuerlicher Wirkung zu berücksichtigen. Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof stellte hier klar, dass die geschlechtsspezifischen Sterbetafeln bei der Berechnung der Schenkungsteuer verfassungsgemäß sind.
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