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Recht / Zivilrecht 
Dienstag, 22.04.2025

Arbeitsunfall: Haftung der Versicherung bei Nutzung eines Traktors als Arbeitsbühne

Das Oberlandesgericht Hamm hat zu der Frage Stellung genommen, wann ein Unfall „bei Betrieb“ eines Fahrzeugs vorliegt. Es hat in seiner Entscheidung ausführlich begründet, weshalb die Halterhaftung des § 7 StVG bei der Nutzung eines Traktors als Arbeitsbühne nicht greift und der Haftpflichtversicherer des Traktors dennoch für die Unfallfolgen haftet (Az. 11 U 84/23).

Im Streitfall hatte ein Nebenerwerbslandwirt bei einem Malerbetrieb Lackiererarbeiten an seinem Stallgebäude in Auftrag gegeben. Ein angestellter Lackierer des Malerbetriebs führte die Malerarbeiten am Stallgebäude durch – in einem Gitterkorb, gehoben vom Traktor des Landwirts. Durch einen Fehler des Traktorfahrers kippte der Korb nach vorne und der Lackierer stürzte aus mehreren Metern Höhe in die Tiefe. Er musste mehrfach operiert werden und konnte anschließend seinen Beruf nicht mehr ausüben. Gegen den Landwirt sowie dessen Haftpflichtversicherer zog er vor Gericht. Das Landgericht schmetterte seine Klage wegen einer Haftungsprivilegierung nach §§ 104, 105 Abs. 1 Sozialgesetzbuch VII (Beschränkung der Haftung im Betrieb tätiger Personen) ab. Die dagegen eingelegte Berufung des Lackierers war überwiegend erfolgreich.

Das Oberlandesgericht Hamm bejahte einen Anspruch des Lackierers auf Schadensersatz und Schmerzensgeld – jedoch unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von 20 Prozent, da er die Gefahren des Gitterkorbs kannte und dennoch zustimmte. Auch wenn ein Unfall nicht „beim Betrieb“ eines Kraftfahrzeugs aufgetreten ist, weil das versicherte Fahrzeug als Arbeitsbühne genutzt wurde, könne der Haftpflichtversicherer für die Unfallfolgen haftbar sein. Die Haftung der Beklagten ergebe sich nicht aus § 7 Abs. 1 StVG, da der Unfall nicht „bei dem Betrieb“ des Traktors geschehen sei. Stattdessen hafte der Landwirt durch die Fehlbedienung des Frontladers aus §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 229 StGB wegen fahrlässiger Körperverletzung und Verletzung der Verkehrssicherungspflicht (Nichteinhaltung der Unfallverhütungsvorschriften). Der Kfz-Haftpflichtversicherer hafte neben dem Versicherten nach § 115 VVG (Direktanspruch), weil der Schaden, auch wenn nicht „bei Betrieb“, während des Einsatzes des Traktors für die Malerarbeiten entstanden und unmittelbar durch diesen verursacht worden sei. Der Landwirt sei zum Unfallzeitpunkt nicht in den Malerbetrieb eingegliedert gewesen. Vielmehr waren die Arbeiten an den Malerbetrieb fremdvergeben und erfolgten im eigenen Interesse des landwirtschaftlichen Betriebs.

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